search instagram arrow-down

Aktuelle Beiträge

Rumex, Urtica und Co. (Un-)Kraut

Schon mal von der Lüge des pflegeleichten Gartens gehört? Ich meine Garten und nicht Rasen mit Thujahecke.

Nee, der pflegeleichte Staudengarten. Den meine ich. Ich kann eines vorab sagen: Eine wunderbare Vorstellung irgendwo auf dem Planeten Utopia. Es gibt ihn nicht.

Aber der Titel verkauft sich gut. Und warum? Vermutlich weil sich alle halbwegs gartenaffinen Menschen danach sehnen. Weil es alles nur Arbeit ist. „Garten ist immer Arbeit, da wäre pflegeleicht doch genau mein Ding.“

Man kann einen Riesenaufwand betreiben, Mineralmulch, Vlies oder verkittete Pflasterwege. Es gewinnt immer die Natur. Mal mehr und mal weniger. Aber Pflege benötigt jeder normale Garten.

Eine Ausnahme gibts mal wieder: Wir machen nichts im Garten und wartens mal ab, verkaufen das Ergebnis dann als Naturwiese. Chapó!

Ich würde sagen, Naturwiese als Vorbild ist extrem schwierig. Erst recht bei uns auf schweren und nährstoffreichem Boden. Aber auch alles andere ist daran nicht ganz einfach.

Egal, anderes Thema. Die in letzter Zeit modern gewordene Bewegung des Mineralmulchs, also z.B. Kies oder Lavabruch als „Schutzschicht“ vor dem Eindringen oder Aufkeimen von Wildkräutern halte ich persönlich für eine Entsorgungsschande. Neues Beet anlegen, Beet verändern? Wohin mit dem humusbelastetem Mulch?

Beim Recyclinghof wird es als Sonderabfall geführt und ist extrem teuer in der Entsorgung, ähnlich wie Erde. Und auch hier ist Pflege notwendig, vor allem erstmal Geld. Nicht jeder legt seinen Garten als Schaugarten an, verdient Geld mit der zugehörigen Gärtnerei oder nimmt Eintrittsgelder, gründet eine Stiftung oder befindet sich im öffentlichen Raum. Klar, der Staat hat genug Geld für derartige Experimente, unser Geld.

Ich muss beruflich permanent durch Hamburg eiern, natürlich nehme ich die Grünflächen der Stadt besonders wahr. Ich interessiere mich ja schließlich dafür. Nun gab es einige neue Verkehrsinseln zu beobachten. Sie wurden nach dem „Shared-Place“ Blödsinn eingeführt. Witzig ist, dass sie die Shared Place Bereiche bereits wieder in Teilen zurückbauen. Was machen die Pfeifen bloß mit unseren Steuern.

Zurück zu den Verkehrsinseln. Hier wurde, total modern nach Oudolfschem Prinzip, eine Staudenmischpflanzung angelegt. In Mineralmulch. Die Idee ist gut, Mut braucht man auch und vermutlich nun einen neuen Job. Zumindest hoffe ich es, denn als Grünflächenbeauftragter wird die verantwortliche Person nix mehr reißen.

In der Stadt laufen die Menschen über die Inseln, als Rettungsboot mitten auf der Straße welche ja ein Shared Place darstellt.

Shared Place heißt, alle haben das gleiche Recht auf der Straße oder eben dem „Shared Place.“ Das mag in Dorfstudien und Kleinststädten funktionieren aber einer Stadt wie Hamburg? Hier ist jeder sich selbst der nächste und so verhalten sich auch alle. Du musst schon mutig sein hier mal eben über die Straße zu gehen. Natürlich fällt dann mal jemandem seine Coladose runter, seine leere Kippenschachtel, ein Fernseher oder Kühlschrank plumpst auch schon mal aus dem Rucksack. Ins Staudenbeet.

Irgendwann wurde dann aufgeräumt, zertretene Stauden ergänzt und die Insel ihrem tristen Dasein überlassen. Nun bin ich dort letztens wieder vorbeigefahren. Die Insel wurde asphaltiert. Fertig.

Aber auch ohne Coladose benötigt jedes Beet Pflege. Wenigstens 1-2 mal jährlich. Egal wie toll die Pflanzen sind, ob sie die Alleskönner mit Verdrängereigenschaften sind. Ein Superknöterich, ein bärenstarkes Geranium. Nichts dergleichen schafft es ein Beet ohne Pflege stabil zu halten. Sicher gibt es Pflanzungen welche dankbarer sind, welche die weniger Pflege benötigen.

Aber Pflegeleicht ist gelogen. Selbst ein hübscher Rasen benötigt Pflege, mindestens soviel wie eine gute Staudenpflanzung. Wenn man denn Rasen mag. Bevor der totgespritze Klee und kaputt gedüngter Löwenzahn unserer Fauna und Flora etwas wiedergeben könnte wird er doch rasiert. Man könnte auch grünen Teppich ausrollen. Hübsch? Ich bin hier raus, Rasen ist langweilig sonst nichts.

Er gibt dem Garten vielleicht eine feste Struktur zwischen den Rabatten, dient als Weg oder Spielfläche, aber Hübsch? Es gibt sie ja, die Rasenfreaks. Auch so eine Rasse für sich. Was die darin rumpulen. Und draufhauen, Dünger, Herbizide, ihr Hirn. Mit einer Kantenschere wird der Anschlussbereich zum exakt im rechten Winkel verlaufenden Weg geschnitten. Die haben sicher Rasen im Kopf. Toll, es gibt solch verschiedene Menschen, danke für die Vielfalt. Und das Amüsement.

Immer wieder fragen mich Freunde nach irgendeinem Unkraut. Das Wort gibts eigentlich gar nicht, es gibt ja auch kein Unrasen oder Unstaude. Ich übernehme es dennoch, denn die Welt kann nicht an einem Tag gerettet werden.

Also erhalte ich Bilder über soziale Netzwerke. „Sach ma, wasn das. Kann das raus?“ Ich habe lange versucht eine Art Nachschlagebuch für austreibende Unkräuter zu erwerben. Es gibt einige Anläufe, einige Versuche derartige Hilfen auf den Markt zu bringen. Aber bisher ist nichts empfehlenswertes dabei. Klar, das Netz hilft, und Google darf uns nun auch noch das Unkraut bestimmen. Aber es gibt tatsächlich ein paar Seiten die ganz gut sind.

Fakt ist, viele Gartenbesitzer und insbesondere die Neulinge wie ich hätten hierzu gerne Hilfe. Denn auch ich habe mich anfangs schwer getan. Mittlerweile kenne ich die gängigsten Wilden. Erkenne sie und wenn sie mich stören werden sie entfernt.

Aber das braucht eben Erfahrung und Zeit. Garten heißt oft Geduld. Aber die rasende Welt hat diese Tugend längst vergraben. Heute muss alles sofort, gleich und bereits gestern. Ich nehme mich da nicht raus, auch von unserem Betrieb wird derartiges erwartet. Ich wehre mich ganz erfolgreich dagegen, dennoch nervt die Ungeduld der heutigen Gesellschaft, und gesund kann sie auch nicht sein.

Ich möchte nicht alle mir gängigen Unkräuter benennen, Brennessel, Giersch und Löwenzahn sind derartig leicht zu erlernen, dass sie hier keine Beachtung finden. Aber ich möchte ein paar Beispiele nennen. Einer meiner Favoriten ist der kriechende Hahnenfuß, Ranunculus repens. Ein Stratege mit Erfolg. Aber eigentlich möchte ich erzählen, dass meine so geschätzten Gartennixen die mich bei der Pflege unterstützen, sich bis heute schwer tun ihn zu erkennen oder aber einfach nicht sicher sind. Und das geht so vielen Hobbypflanzern so.

Im vergangenen Frühjahr hatte ich 15 oder 20 Geranium marcrorrhizum gepflanzt. Irgendeine bewährte Sorte, ich denke es war „Ingwersen“. Nun wucherte dort ganz in der Nähe der Hahnenfuß und trieb sein Unwesen. Auf schlaumeierart habe ich ihnen ein Referat gehalten, erklärt wie der Hahnenfuß aussieht, dass er hübsch blüht aber sich stark ausbreitet und daher in einigen Bereichen immer mal herausgenommen oder zurückgedrängt werden soll. Klar was dann passiert ist?

Kein Hahnenfuß mehr, aber auch kein Geranium. Der Hahnenfuß kam übrigens wieder, das Geranium natürlich nicht. Und gerade heute hatte wir das Thema wieder im Garten. Und ich muss zugeben, er hat eine gewisse Ähnlichkeit, zumindest auf den ersten Blick.

IMG_2614

Für den Nichtprofi leicht zu verwechseln. Im Vordergrund und im flachen Hintergrund der Hahnenfuß, darüber Geranium himalayense „plenum“. Heute würde ich sehr selten in die Versuchung kommen, Stauden mit gefüllten Blüten zu pflanzen. Jedoch zum wegwerfen viel zu schön.

IMG_2620

Nicht ganz so schwierig aber bei größeren Flächen gerne mal stehengelassen. In der Bildmitte der Hahnenfuß, darunter Waldsteinia ternata.

Auch gut war die Aussage einer Betrachterin eines unserer Beete. „Hast du die Distel dort übersehen?“ Sie meinte Cirsium rivulare „atropurpureum“.

Ich erwiderte „Die soll dort stehen, habe ich gepflanzt.“ Fassungslosigkeit. Totenstille. Weiter ging es im Garten, einfach weggeschwiegen. Sie war sichtlich verunsichert. Ich wollte aber auch nicht sabbeln, war nicht in Stimmung. Witzig war es ein wenig. Verwechselte sie wohl mit der Ackerkratzdiestel, Cirsium arvense. Die würde ich mir tatsächlich auch nicht pflanzen. Da hat sie recht.

IMG_1666

Links steht sie, die rote Ackerkratzdistel.

Aber nicht nur das richtige Erkennen von Unkräutern ist anfangs schwierig. Auch das loslassen. Zumindest für mich, Blume ist Blume. Unblumen sind auch Blumen. Denn es gibt auch bei mir durchaus Unkräuter welchen ich, zumindest in einigen Flächen, eine Berechtigung einräume und sie stehen lasse.

Zwar vermehren sie sich stetig, es stört mich aber nicht. Ein Beispiel wäre Oxalis corniculata, ein geschimpfter Neophyt. Pfui. Horn Sauerklee wird er denke ich genannt.

Ich liebe ihn zwischen den Steinfugen und an den Rändern der Pflanzungen, auf den Pflasterflächen. Eine Farbkombination welche nicht all zu häufig zu finden ist. Dunkelpurpurnes Blatt mit gelber Blüte. Tolle Kombination, hier mit teucrium chamaedrys. Er ist, wenn nicht gewünscht, leicht zu entfernen wie ich finde. Er ist so niedrig, dass man ihm einfach die Sonne klauen kann indem man ihn überpflanzt.

IMG_2621

Bei „Mein schöner Garten“ wird sicherlich darauf rumgehackt, insbesondere die schönen Fugen im Pflaster macht er sich zu seinem Territorium. Wie kann er nur, der böse Klee.

Ist nichts für Spießer, zugegeben. Aber deren „Garten“ will ich auch nicht sehen. Das ist diese neureiche Kontrollsippe, hier wird alles immer „schön“ gehalten. Ein Kärcher-Abo hat man auch. Buxus und Hydrangea paniculata wechseln sich ab im „Staudenbeet“, ergeben den Langweilcode. Und Rollrasen. Mit Mähroboter. Geschmäcker sind eben verschieden.

Jeder muss selbst einscheiden was er für Unkraut hält. Einigen sollte man nicht zu lange beim Vermehren zusehen, andere sind hübsche und sogar mitunter zahme und ansehnliche Gesellen im Staudenbeet. Ich mag keine gekratzten Fugen, stetig durchgekratzte Beetflächen. Ganz abgesehen von dem Unsinn dieser Reinigungsmethode . Öffnet man den Unkrautsamen alle Pforten und die Erde. Man könne auch ein Schild hinstellen:

„Willkommen ihr Unkrautsamen, ich habe euch extra den Boden geöffnet. Kommt her und fühlt euch wohl“ Abends noch der Rasensprenger und Peng.

Bei mir darf es Natur sein.

Natürlich mit etwas Korrektur hier und dort.

Kommentar verfassen
Your email address will not be published. Required fields are marked *

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: